So helfen wir

Ein Praxisbeispiel

Wir werden oft gefragt, was wir eigentlich im Mutter-Kind-Haus machen. Wer lebt bei uns? Wie gehen wir mit den Bewohnerinnen um?

Darum haben wir eine typische Lebensbeschreibung herausgegriffen, um Ihnen zu zeigen, wie wir arbeiten:

 

Andrea kommt in die Beratungsstelle für „Alleinerziehende Mütter und Väter“, weil sie nicht mehr weiter weiss. Sie hat sich von ihrem Lebenspartner, dem Vater ihres 4jährigen Sohnes getrennt. Sie leben jedoch noch zusammen, da sie keine Wohnung finden kann.

Aufgrund der Alkoholkrankheit des Expartners bestehen Schulden. Bisherige Bewerbungen auf Wohnungsangebote blieben aufgrund einer negativen SCHUFA-Eintragung und ihrer Einkommenssituation erfolglos.

Andrea hat nie eine Berufsausbildung absolviert, da sie bereits mit 17 Jahren schwanger wurde. Sie arbeitet halbtags als Verkäuferin. Die Situation zu Hause spitzt sich immer mehr zu. Verbale Beschimpfungen und Abwertungen sind an der Tagesordnung. Aufgrund der belasteten Familiensituation zeigt der 4jährige Sohn bereits Verhaltensauffälligkeiten. Der Kindergarten sprach Andrea diesbezüglich schon an. Andrea ist am Ende ihrer Kräfte. Sie ist mutlos und leidet seit einiger Zeit an diffusen Schmerzzuständen. Sie wünscht sich nichts sehnlicher, als eine eigene Wohnung für sich und ihren Sohn zu finden, damit beide endlich wieder zur Ruhe kommen können.

Auf die Nachricht, im Mutter-Kind-Haus eine frei werdende Wohnung zu bekommen, schöpft Andrea erstmals wieder Hoffnung. Das Mutter-Kind-Haus unterstützt sie beim Umzug und der Beschaffung von fehlenden Möbeln und Haushaltsgegenständen. Andrea wird von den Müttern, die schon länger im Mutter-Kind-Haus wohnen, freundschaftlich begrüßt und aufgenommen. In der ersten Gruppenstunde herrscht eine sehr offene Atmosphäre. Schnell wird deutlich, dass viele Mütter ähnliche Schicksale und Erfahrungen haben. 

In den wöchentlich stattfindenden Einzelgesprächen arbeitet Andrea mit Hilfe der sozialpädagogischen Begleitung an der Klärung ihrer Situation, den weiteren Zielen und einer Perspektive für die Zukunft für sich und ihren Sohn. Die Klärung ihrer finanziellen Situation, die Regelung des Kindsunterhaltes, und die Schuldenregulierung sind dabei wichtige Themen. Beziehungsklärung und das Aufteilen des Sorgerechtes mit dem Kindsvater werden besprochen. Es werden unterstützende Termine beim Jugendamt für eine Mediation mit dem Kindsvater und ein Termin mit der Schuldnerberatung vereinbart. Anträge für eine aufstockende Hilfe zum Lebensunterhalt werden gemeinsam ausgefüllt.

 

 Erste positive Veränderungen, wie die Rückmeldung vom Kindergarten, dass sich die Situation dort erheblich entspannt hat, werden mit Freude und Zuversicht aufgenommen.

Andrea möchte für sich und ihren Sohn eine bessere Zukunft. Sie überlegt, ob sie sich noch einmal beruflich verbessern könnte. In gemeinsamen Gesprächen werden unterschiedliche Möglichkeiten erarbeitet und hinsichtlich einer realistischen Umsetzung überprüft.

 Im Laufe der 2 Jahre im Mutter-Kind-Haus, wird Andrea immer selbständiger. Sie ist bereits auf der Suche nach einer eigenen kleinen Wohnung und hat eine Berufsausbildung zur Bürokauffrau begonnen, was ihr viel Freude bereitet. Die Mediation im Jugendamt half den Eltern einen neuen Weg als Eltern zu gehen. Unter den Müttern hat Andrea neue Freundinnen gefunden.

 Der Auszugstermin rückt näher. Andrea kann sich jetzt gut vorstellen, mit ihrem Sohn gemeinsam in eine neue Wohnung zu ziehen. Ihre gesamte Situation hat sich stabilisiert und sie stellt sich mit Zuversicht den neuen Herausforderungen, die vor ihr liegen.

 

Ruth Reitberger (sozialpädogische Leitung 2019)